Raabenwolle

Ashford Handicrafts Ltd. „Elisabeth 2“

Dieses Spinnrad hat mir Anna Kaja verkauft, die mit ihrer Familie in Schwartbuck (zwischen Kiel und Heiligenhafen) schon fast am Meer wohnt. Da wir über 3,5 Std auseinander wohnen, sollte das Rad eigentliche per Paket zu mir reisen, doch Ihr Vater hatte die Standbeine und die radtragenden Hölzer eingeleimt, was ihr eine Demontage unmöglich machte. Und so mussten wir mit der Übergabe warten, bis sie im August 2024 ihren Bruder in Hildesheim besuchte. Ich werde nicht vergessen, wie mich die ganze Familie in der kleinen Siedlungsstraße am Straßenrand erwartete, um mir das Rad zu übergeben: was für ein Empfang, nach meiner gut 1 1/2-stündigen Autofahrt! Das Spinnrad gehörte seinerzeit Anna Kajas Mutter, die Doris hieß, und ihre eigene Schafwolle verarbeitete – und daher will ich das Rädchen nun auch so nennen.

Als ich die Fotos von dem Spinnrad, eingestellt auf der bekannten Kleinanzeigenplattform, das erste Mal gesehen habe, dachte ich zunächst, „nur“ eine „Elisabeth“ vor mir zu haben. Doch nachdem ich mir auf der Internetseite von Ashford die alten „Assembling Instructions“/ Aufbauanleitungen durchgesehen hatte, wurde mir klar, dass dem nicht so ist. (Wer selbst nachsehen will, findet auf der Homepage von Ashford eine umfassende Sammlung von alten Anleitungen ->Support -> Past Products -> Spinning.)

  • Die allererste „Elisabeth“-Reihe wurde 1982 hergestellt und sie besaß (so wie bei den alten „Traditionals“ auch) noch einen Lederriemen als Knechtverbinder.
  • Die zweite Generation der „Elisabeth“ wird dann durch eine Anleitung definiert die „elizabeth_spinning_wheel_1982_2004.pdf“ heißt. Hier finde ich meine „Doris“ wieder: der Knechtverbinder ist ein rundes, klares Stück Polycord, die Kappen der Stellschrauben an der Halterung des Spinnkopfes sind schwarz, der Spulenständer ist mit meinem identisch, der Flyer hat schon die gerundete U-Form, welche auch heute noch üblich ist. Auch die schönen Speichen werden übrigens in dieser Form bei den „Traditionals“ seit 1982 verbaut.
  • Die nächste, bei Ashford online verfügbare Anleitung ist dann die der „Elisabeth 2“-Reihe, welche ab 2006 (bis 2021) verkauft wurden. Hier ist eine Lazykate abgebildet, die ein Brett mit drei aufrecht stehenden Spulen zeigt, der Knechtverbinder ist aus schwarzem Kunststoff zum Eindrehen in das Trittbrett, die Plastikschrauben für den verstellbaren Spinnkopfhalter sind hellgrau. Die Räder werden nun in „klar lackiert“ und „natur/gewachst“ angeboten. Wichtigste Neuerung ist jedoch, dass das Rad kugelgelagert läuft: die beiden aufrechten Standhölzer des Tisches sind damit ausgestattet. 

Insofern dachte ich zuerst, meine „Doris“ sei eine der letzten „Elisabeth“ der zweiten Generation (1982-2004). Doch bei der Überholung des Rades fiel mir auf, dass das Schwungrad schon kugelgelagert läuft… Insofern gehe ich nun davon aus, dass es ab Ende 2004 produziert worden sein muss. Sozusagen in der Umstellungsphase der beiden Radmodelle. Sicherlich hat man noch alte Bestände der Spinnrad-Einzelteile aufgebraucht und verarbeitet bzw. schon neue Teile hergestellt, die mit Teilen aus alten Baureihen zu kompletten Spinnrädern verbaut wurden. Das die Aufbau-Anleitungen zeitlich gut zwei Jahre auseinander liegen, interpretiere ich so, dass man in dieser Zeit noch nicht so weit gewesen ist, eine genaue Umstellung der beiden Modellrehen abgeschlossen zu haben. Sonst hätte man sicherlich die neue Anleitung schon früher herausgebracht und den auszuliefernden Rädern beigelegt, oder?

Auf jeden Fall habe ich „Doris“ erst einmal (soweit möglich) auseinander genommen, gereinigt und geputzt, dann getrocknet. Einige Stellen habe ich fein nachgeschliffen und anschließend das „durstige“ Holz mit ölhaltiger, offenporiger Holzschutzlasur verwöhnt. Das Holz habe ich nach der Trocknung abermals mit Bienenwachs-Politur nachbehandelt und dann wieder zusammengesetzt. Ein neuer Antriebsriemen und eine neue Schnur für die Spulenbremse waren schon die einzigen Ersatzteile, die getauscht werden mussten.

Es dreht wunderbar lange und läuft extrem leicht, spinnt sich sanft und lese und ist vom Gewicht und von der Optik her ein wunderschön ausgewogenes Spinnrad: ich freue mich sehr, es in meine „Herde“ aufnehmen zu können!

Danke, Anna Kaja, dass Du mir das Rad Deiner Mutter anvertraut hast! 

 

Nachtrag 26.08.2024

Anna Kaja hat das Original Faltblatt gefunden, welches bei Auslieferung dem Rad beigelegt war: es handelt demnach wirklich um eine „Elisabeth 2“. Hauptmerkmal ist, das die „Elisabeth 2“-Räder im Gegensatz zu den ersten „Elisabeth“ ein größeres Schwungrad besaßen, welches zudem in den Standhölzern kugelgelagert war. Nur die „Lazy Kate“ stammt wahrscheinlich von der ersten „Elisabeth“… 

Diese Info konnte ich parallel dazu durch „Das Ashford-Spinnbuch“ belegen. (Originalausgabe 1986, Anne Field, „A Shoal Bay Press book“ Verlag // Übersetzung 1989, Erna Bächi, Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart, ISBN 3-258-04010-9.) Die „Elisabeth“ wird darin mit einem Raddurchmesser von 56cm angegeben.


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Modell „Elisabeth“
Hersteller: Ashford Handicrafts Ltd., P.O.BOX 474, Ashburton, New Zealand

Antrieb:                                            einfädig mit Spulenbremse / umrüstbar auf zweifädig – Einzeltritt
Übersetzungsverhältnisse:          1:8,5 / 1:15  

Schwungraddurchmesser:           56 cm
Abmessungen:                                97 H x 90 B x 50 T cm
Gewicht:                                           9 kg
Holz:                                                 ? vermutlich neuseeländisches Silberbuchenholz
ursprünglich wählbare Farben:  natur / lackiert / Walnuss gebeizt

Spulenlager:                                    Kunststoff / Schnellwechsel-System
Spulenkapazität:                            ca. 100 Gramm/ mit zwei Wirtelgrößen
Einzugsloch:                                   1cm Durchmesser
Modell wurde hergestellt von:    1982 bis 2004
Verkaufspreis:                                ? 

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Nachfolgemodell „Elisabeth 2“
Hersteller: Ashford Handicrafts Ltd., P.O.BOX 474, Ashburton, New Zealand

Antrieb:                                            einfädig mit Spulenbremse / umrüstbar auf zweifädig – Einzeltritt
Übersetzungsverhältnisse:          1:8,5 / 1:11 / 1:15 // 1:18,5 kleine Spulenwirtel  

Schwungraddurchmesser:           61 cm / kugelgelagert
Abmessungen:                                XX H x CC B x XX T
Gewicht:                                          9 kg
Holz:                                                ? vermutlich neuseeländisches Silberbuchenholz
ursprünglich wählbare Farben:  natur / klar lackiert 

Spulenlager:                                    Kunststoff / Schnellwechsel-System
Spulenkapazität:                            ca. 100 bis 120 Gramm / mit zwei Wirtelgrößen
Spulenhalter „Lazy Kate“:           drei Spulen, aufrecht, gebremst / alternativ: langes Brett, drei Spulen in Reihe
Einzugsloch:                                   1cm Durchmesser
Modell wurde hergestellt von:    2006 bis 2021
Verkaufspreis 2021:                      993,00 € / Ausführung klar lackiert