„Hochzeitsrad“ von Sophie Rotermund, Leerssen
Dieses „Hochzeitsrad“ habe ich in entsetzlichem Zustand ersteigert … wohl wissend, das ich durchaus Unbrauchbares gekauft haben könnte, wollte ich dennoch den Versuch wagen, ein solches Schätzchen einmal von Grund auf zu restaurieren. Und, ich gebe es zu, das andere „Hochzeitsrad“ hatte es mir so angetan, das ich schon eines für mich haben wollte. Diese wunderschönen Proportionen, die Leichtigkeit des Designs … ich war so angetan von dem anderen Rad, das ich diesem armen Holzhaufen einfach nicht widerstehen konnte. (Womöglich steckte es sogar jemand in den Kamin, wenn es niemand kaufen würde? …uuuund *schnapp* war die Emotionsfalle zugeklappt.)
Also habe ich das „Hochzeitsrad“ von Sophie Rothermund, gebaut 1924, erst einmal von allen Seiten genau angeschaut. Kein Holzwurm, das Holz soweit intakt, nichts gesplittert oder gebrochen, alle Teile (bis auf den Wocken) vorhanden. Fein, fein. Erst einmal Fotos machen, zur Gedächtnisstütze, dann habe ich alles auseinander gebaut, jedes kleinste Teil. Und dann ab in den Baumarkt, Werkzeug kaufen: eine Kupferdrahtbürste, Holzbeize, kleine Nägel. In stundenlanger Kleinarbeit habe ich alle Teile von der alten Beize befreit, den Rost von den Metallteilen geschrubbt, die beinernen Verzierungen herausgelöst und wie kleine Schätze in einer Schachtel sicher verwahrt. Meine Familie hat mich laut und deutlich für völlig verrückt erklärt, als ich bei der Sommerhitze 2018 stundenlang im Schatten saß und Holzteile schrubbte. Zu meiner Verzückung war jedes Teil heile und ich freute mich, wenn ich wieder etwas sauber bekommen hatte.
Nach einigen Tagen kam dann der große Moment: ich konnte die alten Holzteile wieder schwarz beizen und alle anderen mit Lasurwachs behandeln. Wie jedes Stück wieder Farbe und Mattglanz bekam, erfüllte mich mit echter Freude! Und dann, nach zwei weitern Tagen, zelebrierte ich einen ganzen Tag lang den endgültigen Zusammenbau des Rades. Ein paar beinerne Verzierungen hatte ich ersetzen müssen und auch die Haken des Spinnflügels musste ich erneuern – aber sonst konnte ich alle Originalteile wieder einbauen. Als Krönung kam dann das Aufziehen der Antriebsfäden, die ich extra aus Baumwollfaden gesponnen, dreifach als Navajo verzwirnt und mit etwas Bienenwachs widerstandsfähiger gemacht hatte.
In dieses „Hungerrad“ sind insgesamt knapp 50 Stunden Arbeit geflossen – aber das Ergebnis kann sich sehen (und spinnen) lassen!