flauschige Freunde

Auch andere (Haus-)Tiere haben besondere Fellqualitäten

warum ich auch andere Fellqualitäten spinne

„andere Mütter haben auch schöne Töchter“

Angespornt von meinen ersten schönen Ergebnissen an Handspindel und Spinnrad fing ich an, mich nach anderen Fasern tierischer Herkunft umzusehen. Zunächst natürlich im näheren Umfeld, klar. Wenn Frau so versunken am Spinnrad sitzt und der eigene Hund liegt einem zu Füßen, die Sonne scheint auf den Holzfußboden und es naht der Herbst … dann können die Spuren des eigenen Haustiers nicht übersehen werden: jede Menge Haare. Was liegt also näher, als diese einmal zu verspinnen?

Mein erster Hund „Jack“, ein Border Collie –Parson Jack Russel– Mix in schwarz-weiß, gab also nach dem Kämmen seine erste Unterwolle für meine Versuche her. Und ich scheiterte kläglich bei dem Versuch, auf meinem ersten Spinnrad (einem „Ashford Traditional“ mit Einzeltritt), knappe zwei Zentimeter Faserlänge zu spinnen. Es kam einfach nicht genug Drall auf die Faser, um einen guten Faden herstellen zu können. Mein heißgeliebtes Spinnrad rupfte an der Spule, der Einzeltritt holperte und das Rad knackte an der Achse.

Das war der Anfang meines Interesses an der Funktionsweise der Spinnräder im Allgemeinen und meines „Tradis“ im speziellen. Welche Übersetzung wählt man für welche Faser? Welches Spinnrad hat welche technischen Details und was kann ich damit anfangen? … Und als praktisch-pragmatisch veranlagte Frau mit dem Hintergrundwissen eines langjährig ausgeübten Handwerksberufes fackelte ich nicht lange und ging den Unzulänglichkeiten meines Rades auf den Grund. Als erstes baute ich mein „Tradi“ völlig auseinander, überholte es komplett und tüftelte so lange, bis das Rupfen und Klappern, das Holpern und Rattern abgestellt war, weil ich die Ursachen erkannt hatte.

Als nächstes „kamen“ alte Spinnräder zu mir: Freundinnen brachten alte Flachsräder in erbarmungswürdigem Zustand und ich rettete, was zu retten war. Egal ob Ziege oder Bockrad, ob rot gebeiztes Nachkriegs-Tischlerrad oder neuere Sperrholzräder aus den 1985ern – ich versuchte alles, die altgedienten Rädchen vor dem Ofen zu retten und sie wieder zum Spinnen zu bewegen. Ich las im Netz über Hersteller, Reparaturen, Hölzer, Materialien für Antriebsriemen und Knechtverbindungen, über Lasuren und Holzbeizen. Was ich nicht beantwortet fand, probierte ich kurzerhand aus. Und bis auf eines, welches völlig vom Holzwurm zerfressen und unter der lackierten Oberfläche schon fast pulverisiert war, konnte ich alle retten und wieder bespinnbar machen.

Samojede_Nebelung_single_spun (1)

 

Diese Wolle von einer Samojeden-Hündin wird von mir direkt aus der Flocke gesponnen, da sie viel zu weich ist, um vorher gewaschen und kardiert zu werden.

 

Und was sonst noch alles spinnbar ist: die Wolle unserer Lieblinge - und vieles mehr.

Da mich die Idee nicht los ließ, Wolle meine Lieblingshundes zu verspinnen, testete ich auf Märkten und bei Freundinnen, in Spinngruppen und an verschiedenen Spinnrad- und Handspindel-Modellen weiter aus, was ich brauchen würde, um meine Träume von „charaktervoller Wolle“ in die Tat umsetzen zu können.

Samojede_Fam_nebelung (1)

Das Ergebnis ist eine leicht in der Farbe zwischen cremebraun und hellgrau changierende Wolle, die an Weichheit und Flausch kaum zu überbieten ist.

Meine Wahl fiel auf ein weiteres Spinnrad der Marke  Ashford: die „Elisabeth 30“, ein limitiertes Rad mit 75 cm (!) Spinnraddurchmesser, Doppeltritt und zusätzlich mit einem großen Spinnflügel und 300Gramm Spulen.

Zwei Jahre sparen hatten sich gelohnt: nun endlich konnte ich genug Drall auf selbst kürzeste Fasern bringen, nichts rupfte an der Faser, das Rad lief und läuft wie Butter, weich schnurrt es dahin. Ein Traum von Spinnrad!

So spann ich dann alles, was sich auskämmen ließ: Hund, Alpaka, Katze und auch die langhaarigen Meerschweinchen meiner Kinder ließen Wolle. Und was für schöne, weiche, leichte, extrem flauschige Wolle das wurde: ich war fasziniert von den sich mir bietenden Möglichkeiten.

Weitere Versuche folgten, auch mit „un-spinnbaren“ Materialien: Zeitungen, alte Tonbänder, T-Shirts, feiner Draht und Plastiktüten, welche ich in feine Streifen schnitt und riss. Selbst Blätter und Blütenstände der Goldwaldrebe waren (und sind) nicht sicher vor mir.

Immer wieder versuche ich neue Materialien, kombiniere sie mit anderen Fasern und probiere Effekte aus. Farbigen Elemente können bereichernd hinzukommen – aber genauso schätze ich die haptische Erfahrung des Be-Greifens.

Tolle, charaktervolle Wolle, ungewöhnlich und nicht alltäglich, so habe ich mir das Ergebnis immer gewünscht.

Meine Wolle muss man anfassen, um sie zu begreifen, riechen, um sie zu erfahren, fühlen, um herauszufinden, zu was man sie verarbeiten kann. Lassen auch Sie sich inspirieren!