Raabenwolle

Unbekannter Hersteller „Kleine Ziege“

Dieses Spinnrad gab mir die liebe Andrea zum Überholen: der Antriebsriemen sprang immer wieder herunter, aber sonst spann (und spinnt) das kleine Rädchen ganz erstaunlich leicht und zieht wunderbar sanft ein. – So waren nur einige wenige Handgriffe wirklich nötig: ich habe den Knechtkopf fixiert, das Knechtleder durch ein stabileres ersetzt, das hintere Standbein verlängert, die Ausrichtung von Schwungrad und der Spinnwirtel des Spinnflügels gefluchtet, einen neuen Riemen aufgezogen, den Knebelkopf der Spinnflügelhalterung unterfüttert. So hat sich das Spinnverhalten weiter verbessert. Doch gesponnen hatte es ja auch schon vorher…   

Dieses Spinnrad ist wirklich zu Recht als „klein“ und „leicht“ zu benennen: womöglich ist es sogar für Kinder hergestellt worden. Oder es ist ein sogenanntes „Dekorad“ – wobei die Bezeichnung irreführend ist: nicht alle Dekoräder sind, nur weil sie zu Dekorationszwecken gebaut wurden, auch gleichzeitig unspinnbar! Dekoräder waren übrigens besonders beliebt in den Stuben der Deutschen um 1965 bis 1975… und daher vermute ich, es stammt auch aus dieser Zeit.

Wie auch immer, Andrea besitzt mittlerweile drei von diesen kleinen Rädchen nach „(Nieder-)Sächsischer Bauart“. (Da der komplette Spinnkopf neben dem Schwungrad angeordnet ist und das Tischbrett schrägt angeordnet legt, spricht man auch von „Ziegen“.)

  • das Erste wurde ca. 1994 in einem Antiquitätenladen in Erfurt gekauft
  • das hier vorgestellte Rad wurde via Kleinanzeigen von einer Familie, die in Helmershausen (Rhön), wohnt, gekauft
  • ein Drittes wurde ebenfalls via Kleinanzeigenportal angeboten und der Verkäufer stammt ebenfalls aus Erfurt

Es „fehlen“ bei allen drei Rädern die zwei zusätzlichen Spulen, welche normalerweise jedes Spinnrad besitzt. Man benötigt zwei -voll mit Fasern zu Garn gesponnenem Material- um es auf die dritte, leere Spule verzwirnen zu können. Da keines der Räder drei Spulen besitzt, stützt das die Theorie, es handelt sich um Spinnräder, die eigens zur Dekoration hergestellt wurden. Denn es ist als ziemlich unwahrscheinlich anzusehen, das die Spulen bei allen drei Räder abhanden gekommen sein sollen. 

Wer diese Räder gebaut hat, und ob es noch mehr davon gibt, liegt jedoch bis jetzt im Dunklen…

Vielleicht kann der eine oder andere Leser ja helfen? Über eine Rückmeldung freue ich mich sehr!

_____________________________________

Hersteller: Unbekannt
Herkunft:   unbekannt 

Antrieb:                                  zweifädig, Einzeltritt
Schwungraddurchmesser: 31 cm
Achse:                                     geschmiedet, mit runden Holzpflöcken festgesteckt

Abmessungen:                      65 H x 65 B x 41 T
Gewicht:                                 2,3 kg
Holz:                                       ?
Farben:                                  Naturholz mit schwarzen Mustern, später mit sandfarbener Lasur übergepinselt

Spulenlager:                         Leder in Aluminiumhülsen
Spulenkapazität:                 ca. 80 Gramm

Gebaut vermutlich 1960 bis 1975.