Nach der Schur laufen alle nackigen Damen gleich wieder zurück zum Pferch, in dem sich die noch ungeschorenen Freundinnen befinden … und, noch viel Wichtiger: die verzweifelt nach ihren Müttern blökenden Lämmer. Es ist ein zunehmend größer werdender Lärm, denn ich kann immer nur zwei Schafe mit zum Schafscherer nach draußen vor den Pferch nehmen (immer vorausgesetzt, ich habe nette Hilfe, so wie letzten Schaf-Schur-Dienstag. Danke, Dieter!). Aber mein Scherer ist schnell, und so kann ich dann bald alle Skudden wieder mit den Lämmern zusammen lassen.
Wer jetzt meint, das Blöken hätte somit ein schnelles Ende, irrt leider gewaltig. Die Skudden erkennen zwar ihre Lämmer sofort – aber diese ihre eigenen Mütter nicht mehr. Denn Mama sieht ganz urplötzlich völlig verändert aus. Wo ist die schöne Wolle hin? Määäh! Mama, wo bist Du? Die Kleinen sind verwirrt, laufen von Skudde zu Skudde.
Die Damen werden nun ihrerseits auch immer nervöser: was machen die Lämmer denn da? Warum steht ständig ein anderes Lamm bei mir und blökt? Määäh! Warum läuft mein Lamm von mir weg? Komm zurück! Määäh! Hey, und wer ist das fremde Schaf neben mir? Komm mir bloss nicht zu nahe! Määäh!
Zu allem Überfluss versucht nun auch noch die Leitaue, Ordnung in ihre Herde zu bekommen. Määäh! Alles hört auf mich! Kommt her, wir gehen jetzt los und auf die Weide! Määäh! Kommt jetzt, wo bleibt ihr denn? Määäh!
Das Chaos ist perfekt: keiner kommt mehr klar, niemand kennt sich noch aus, alles läuft durcheinander und beschnuppert sich, versucht, sich neu zu orientieren. Und dann ist da noch das hohe Gras, das am Bauch kitzelt. Und die Sonne, die so ungewohnt auf alle scheint, dass die gesamte Gruppe im Schatten steht. Und die Fliegen, welche die Schafe mit Zucken und Schütteln zu vertreiben suchen.
Die Armen! Sie tun mir echt leid – aber zum Glück dauert es nur eine kurze Zeit, bis alle sich neu orientiert haben. Und so kann ich mir ein Lachen nicht wirklich verkneifen, denn dieses Schauspiel bietet sich ja nur einmal im Jahr… ich hoffe, meine Süßen verzeihen mir auch dieses Mal wieder.
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