Grundsätzlich mag ich ja Tiere jeder Art. Sogar, wenn sie mir auf die Arbeit gebracht werden. Aber manchmal platzt einem schon der Geduldsfaden…
Heute brachten mir aufmerksame Spaziergänger aus dem benachbarten Naturschutzgebiet ein Fundtier mit, welches dort definitiv nicht heimisch war. Offenbar hatte jemand seine Rotwangen-Schmuckschildkröte ausgesetzt, weil die Haltung eines solchen Tieres vermutlich zu aufwändig geworden war. Die dicke Dame ist mindestens 25 Jahre alt und hat eine Panzerlänge von knapp 28 cm und bringt 3,5kg auf die ächtzende Haushaltswaage.
Eine Rotwange ist kein Schmusetier, sie faucht und schnappt auch gern mal zu. Und ihre Haltung ist anspruchsvoller, als man zunächst denken mag. Aber das sollte man wissen, wenn man sich so ein Tier anschafft. Auch dass sie 30 bis 50 Jahre werden können, ist zu bedenken. Aber aussetzen, wenn es einem zu unbequem (Stichwort „Urlaub“), zu teuer (Stichwort „Tierarzt“) oder das Tier zu alt wird (Stichwort „Platzmangel“) – das geht gar nicht!
Diese Sumpfschildkröten sind exzellente Schwimmer – und auch Fleisch fressende Jäger. Was bedeutet, sie fressen auch kleine Fische, Frösche, Molche und andere, teilweise streng geschützte Kleinlebewesen – in diesem Fall aus einem Naturschutzgebiet!
Wie die meisten Sumpfschildkröten ist die Rotwangen-Schmuckschildkröte omnivor, das heißt, dass die Nahrung sowohl pflanzliche als auch tierische Kost beinhaltet. Ältere Tiere nehmen zunehmend mehr Pflanzliches zu sich. Hauptsächlich werden Insekten, Insektenlarven, Schnecken, Muscheln, Krebstiere verzehrt, teilweise auch kleinere Fische. „Trachemys Scripta Elegans“ ist also kein Kostverächter, das Fressverhalten kann als „opportunistisch“ bezeichnet werden. Sie ist ursprünglich in Nordamerika beheimatet und verbringt die meiste Zeit ihres Lebens im Süßwasser.
Aufgrund verantwortungsloser Halter, welche ihre Tiere, die zu groß wurden, um sie in einem kleinen Becken zu halten, einfach ausgesetzt haben, wurde sie zum Faunenverfälscher und somit zur invasiven Art, die dabei erheblichen Druck auf die vorherrschend Flora und Fauna ausübt. Insbesondere die bei uns heimische Europäische Sumpfschildkröte leidet erheblich unter dem Konkurrenzdruck mit der deutlich aggressiveren amerikanischen Verwandtschaft.
Grundsätzlich war es also sehr richtig von den Spaziergängern, dieses Tier aus dem NSG mitzunehmen, das es ein sogenannter „Neozoen“ ist. Wahrscheinlich wäre sie im Winter erfroren – und wenn nicht, hätte sie sich womöglich sogar vermehrt – das ist einfach unverantwortlich von dem ehemaligen Besitzer!
So habe ich die dicke Schildkrötendame also in einem großen Bassin notdürftig untergebracht und dabei festgestellt, das sie ihr Futter von der Gabel serviert bekommen möchte. Ohne Worte, das Ganze, ehrlich. Und zum großen Glück konnte ich sie heute in eine artgerechte Haltung vermitteln. In eine ausbruchssichere, artgerechte Außenhaltung, wohlgemerkt.
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