meine Skudden-Schafe
Am Anfang war das Schaf – oder: charaktervolle Skudden mit besonderen Ansprüchen.
Im September 2012 verliebte ich mich auf einem Öko- und Bauernmarkt – in einen wunderschönen Schafbock mit tollen gedrehten Widderhörnern, braunem Fell und bernsteinfarbenen Augen. „Norbert“ taufte ich den schmusigen Prachtkerl und kaufte ihn vom Fleck weg - obwohl ich so gut wie gar nichts über Schafe wusste.
Foto: Kathy Büscher
Ich handelte (ungehemmt, wie auf dem Basar – ich bekomme das heute noch scherzhaft-neckend vorgehalten) einen hervorragenden Preis mit dem Besitzer aus und nahm diesem auch gleich das Versprechen ab, mich bei der Schafhaltung zu unterweisen und zu unterstützen. Mindestens 5 Jahre. Handschlag drauf und abgemacht.
Damit fing meine Leidenschaft für diese Schafrasse an. Mit Eifer lernte ich alles über Skudden, vernetzte mich mit anderen Schafhaltern und suchte nächtelang im Netz nach Informationen und Tipps, bis ich mir sicher war, die Tiere artgerecht halten zu können. Norbert bekam vier Damen als „Erstausstattung“ und machte sich auch gleich fleißig ans Werk. Im darauffolgenden Frühjahr waren 5 Lämmer geboren und ich war vollends entzückt und vom Schafsvirus infiziert.
Wie man „aus Schafen“ schöne Wolle macht.
Als die Tiere das erste Mal geschoren wurden, war ich der felsenfesten Meinung, die allerbeste Wolle der Welt zu besitzen: schließlich hatte ich auch die allerbesten Schafe der Welt. Klar. Natürlich wusste ich, dass diese alte Landschafrasse, welche ursprünglich aus Ostpreußen und dem Baltikum stammt, ein mischwolliges Vlies besitzen. Was bedeutet, das lange Grannenhaar dient den Schafen dazu, Regen besser ablaufen zu lassen.
(Und ja, so stellte ich entzückt fest, Schafe können sich -wie Hunde auch- das Wasser aus dem Fell schütteln.) Die weiche Unterwolle kann fast Merinoqualität besitzen und ist ein flauschiger Traum.
Alles, was ich tun musste, war, beide Wollsorten zu trennen, um die tollste Wolle zu bekommen. Ich musste sie vorher bloß sortieren und waschen. Mit Regenwasser und Schmierseife. Im Zinkzuber. Und kardieren, also kämmen. Kein Problem, eigentlich. Hm. Soweit die Theorie.
In der Praxis sah das ganz anders aus und ich brauchte zwei Jahre und viele Versuche, bis ich alle Kniffe gelernt und mir erarbeitet hatte, aus den geschorenen Vliesen exakt die Wolle zu spinnen, die ich mir erträumt hatte.
Ein "vegetarisches Schaffell" - nass gefilzt aus dem Schurwollvlies von "Norbert".
Skudden-Wolle ist wirklich etwas Besonderes und weit ab von jedem Mainstream: kernig-griffig hat sie den Stand, robuste und doch weiche Strickstücke zu ergeben die dank des verbliebenen Lanolins Schmutz- und Sprühregenabweisend sind. Waschen ist nahezu überflüssig und Lüften bei Nebel reicht aus, um wieder frische Wolle zu haben.
Wolle mit Charakter: genau so hatte ich mir das vorgestellt!