Heute hatte ich Besuch von Jeanette, die die weite Anreise aus Nedlitz (bei Zerbst, Nähe Magdeburg) mit der Bahn angetreten hatte, weil Ihr Auto kurzfristig in die Werkstatt musste. So ist sie wagemutig mit Ihrem türkisgrünen Fahrrad, Ihrem Malottke-Spinnrad und ganz viel Wolle im persönlichen Gepäck angereist gekommen. Bevor sie heute zu mir kam hat sie schon zwei Tage Quartier im benachbarten Krankenhagen gemacht – eine ganz bezaubernde Unterkunft bei Frau Jürgens am Thingplatzweg 15.
Ich war ziemlich aufgeregt, denn wann hatte ich bisher schon einmal eine Landesmeisterin im Spinnen von Schafwolle bei mir? Jeanette hat sich diesen Titel zweimal geholt -2016 und 2017- und dabei aus 30Gramm Schafschurwolle vom Coburger Fuchsschaf 219 Meter Faden gesponnen. Der Landesschafzuchtverband Sachsen-Anhalt veranstaltet diesen Wettbewerb jährlich…und ich gestehe, ich habe Respekt vor dieser Leistung.
Nun, Jeanette wollte jedoch etwas ganz anderes von und bei mir lernen – ihr hat es die Kunst der „ArtYarn“-Herstellung angetan. Nun, die einzelnen Techniken lassen sich gut lernen, wenn man die Basics kann: das ging auch für Jeanette schnell. Schwieriger ist jedoch die Frage zu beantworten, was ein gutes Künstlergarn wirklich ausmacht – und wie man sich diesem Prozess nähert. Die Ausführung selbst basiert dann auf dem Wissen um Farben, Strukturen, Glanzgraden, Kontrasten und den gewissen „Extra-Mega-Cool-haben-wollen-Effekt“.
Wir haben also mehrere Wege ausgearbeitet, die für Jeanette gangbar sind – und ich denke, die wichtigste Arbeit im Vorfeld haben wir gemeinsam getan. Dann spannen wir Flammgarn, machten daraus Coils und Bienenkörbchen, verspannen Locken, machten Tweed-Fussel-Garn in Navajo-Technik und aus ungeliebter, bordeauxfarbiger Wolle ein fantastisches Umspanngarn. Jeanette strahlte am Ende unseres Tages – und das war mir der schönste Lohn.
Danke, liebe Jeanette, für das gute Gespräch, Deine Offenheit, Begeisterungsfähigkeit – und Deine Freude. Du bist eine tolle Frau und ich hoffe, wir sehen uns irgendwann einmal wieder. Lass es Dir gut gehen und bewahre Dir Deine Ehrlichkeit. Aus dieser -und aus entspannter Muße- aus der entspringt Kreativität!
PS: Ich hoffe sehr, Du bist nach dem Abfahrt-in-Rinteln-Fiasko letztlich gut heim gekommen und hattest keine weiteren Zug-Ausfälle mehr?
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